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Saisonabschluss von Borussia DortmundDer große Illusionist namens Niko

Nach einer scheinbar vermurksten Saison ist Borussia Dortmund nun in der Königsklasse dabei. Auch Dank der psychologischen Tricks ihres Trainers.

Borussia-Trainer Niko Kovac am Samstag beim Spiel gegen Kiel Foto: IMAGO / MB Media Solutions

V ersöhnlich ist ein zu kleines Wort für Dortmunds Saisonende: dass diese Mannschaft noch vor wenigen Wochen im schlammigen Teich des Mittelfelds herumdümpelte und jetzt nächstes Jahr doch wieder Champions League spielen darf, ist schlechterdings sensationell.

Und auch, dass das alles derart eindeutig mit dem Namen Niko Kovac zusammenhängt, von dem man nach dessen gescheiterten Bayern-Engagement hätte vermuten können, dass er karrieretechnisch den Weg eines Bruno Labbadia einschlägt. Aber der Geschäftsführer Sport des BVB, Lars Ricken, übertreibt nicht, wenn er Kovacs Einfluss als eine der besten Dortmunder Trainerleistungen der letzten Jahre bezeichnet.

Ebenso erstaunlich wie das Ergebnis sind die Mittel, die Niko Kovac nutzte: Nicht nur stellte er sich jederzeit bedingungslos vor seine Mannschaft, bisweilen lobte er sie derart in den siebten Himmel, dass unbeteiligte Be­ob­ach­te­r*in­nen sich die Frage stellten, ob in seiner Nähe nicht irgendwo Gas austräte. Unvergessen sein Versuch, Julian Brandt fußballerisch in die gleiche Kategorie wie Florian Wirtz und Jamal Musiala zu heben.

Unglaublich aber vor allem, dass trotz dieser Fantasterei, die auch nachts um drei an keinem Dortmunder Tresen unwidersprochen geblieben wäre, seine Spieler ihm glaubten. Und entsprechend, um den stolzen Papa noch stolzer zu machen, über sich hinauswuchsen. Positive Verstärkung nennt man das in der Psychologie, und das war der Trick der Kovac'schen Intervention: er hat sich eine Champions League-Mannschaft herbeikonditioniert.

Potential und mangelnde Reife

Das geht freilich nicht ohne einen gewissen Realitätsbezug: Der Kader hat auch so immer wieder sein Potential gezeigt, gerade im Viertelfinalrückspiel gegen Barça. Dass demgegenüber Grottenkicks wie ein 2:4 – das ist kaum vier Monate her – gegen Kiel standen, hat häufig „mangelnde Reife“ vermuten lassen. Es mangelte aber nicht an Reife, sondern an Selbstbetrug.

Es ist auf eine komödiantische Art folgerichtig, dass Dortmund nun eine in weiten Teilen vermurkste Saison rettete, sondern auch sein Trauma von 2023 verarbeitet glaubt: damals verspielte das Team am letzten Spieltag gegen Mainz die Meisterschaft.

Schön wäre, wenn der BVB diese Mannschaft im Wesentlichen unverändert lässt: Es wäre doch toll zu wissen, wie lang es dem großen Illusionisten Niko Kovac gelingt, seine Spieler von sich selbst zu überzeugen, und ob am Ende vielleicht doch sogar einer übers Wasser laufen können wird.

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